Das Statement der IG-JMV in der Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages vom 25.09.2019

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Foto: archeviva

Sprecher Gerd Riedmeier (Redezeit vor Ausschuss: 4 Minuten)

Statement – G.R. – IG-JMV – Anhörung Ausschuss – 25.09.2019.pdf (441.24KB)

Sehr geehrter Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete und Vertreter der Bundesregierung und des Bundesrates,

ich bedanke mich im Namen der Interessengemeinschaft Jungen, Männer und Väter für die Einladung zur Anhörung. Die Teilhabe von Väterverbänden am politischen Prozess ist in Deutschland nicht selbstverständlich.

Besonderer Dank geht an die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, die mit ihrem Antrag den großen Reformbedarf im deutschen Familienrecht dokumentieren. Sie kritisieren zu Recht den von der Bundesregierung zu verantwortenden Zeitverzug. Deutschland ist 20 Jahre in Verzug. Andere westliche Länder sind viel weiter. Wir stellen die Frage, weshalb deren bewährte Regelungen in der Bundespolitik nicht diskutiert werden.

Inhaltlich gehen der IG die Reformvorschläge der Grünen mit verpflichtenden Fortbildungen für Familienrichter nicht weit genug.

Lassen Sie mich, um die Vorschläge des Antrags zu prüfen, kurz die bestehenden Defizite im Familienrecht skizzieren:

1) Es fehlen im Familienrecht zeitgemäße und partnerschaftliche Regelungen für Trennungsfamilien.

2) Eine bundeseinheitliche Rechtsprechung ist für Familienverfahren so gut wie nicht erkennbar. Die Beschlüsse fallen je nach OLG-Bezirk – gelinde gesagt – uneinheitlich aus. So entsteht der Eindruck von Zufälligkeit und Willkür.

3) Die Gesetze schreiben – durch BGB §1606 (3) – ein Betreuungsmodell nahezu zwingend vor – das Residenzmodell: „Einer betreut – einer bezahlt“.

4) Die laut Verfassung vorgeschriebene Gleichbehandlung der Geschlechter sowie die Gleichbehandlung der Eltern sind für Trennungsfamilien nicht erkennbar.

Anstelle dessen existieren Priorisierung und rechtliche Besserstellung des Elternteils, der zeitlich mehr betreut.

Es werden Gewinner-Eltern und Verlierer-Eltern produziert. Der „gute“ Elternteil erhält die Kinder und die finanziellen Transferleistungen. Der zweite Elternteil – der „schlechte“ – wird zum Zahl- und Besuchs-Elternteil abgewertet.

5) Die Familiengerichte delegieren Einschätzungen und Stellungnahmen an Jugendämter und Gutachter. Das bedeutet, die Beschlussfassung wird faktisch durch Dritte vorgenommen.

6) Vor Familiengerichten wird meist der Elternteil belohnt, der nicht kooperiert (wenn er mehr betreut).

7) Das deutsche Familienrecht ist hauptverantwortlich für den Fakt, dass 40 % der Kinder in Nachtrennungsfamilien vollständigen Kontaktabbruch zu einem Elternteil erleiden, meist zu ihren Vätern.

Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, ob mit verpflichtender Fortbildung der Familienrichter die nötigen Verbesserungen im deutschen Familienrecht erreicht werden können?

Wir meinen NEIN.

Nötig sind grundsätzliche Veränderungen im Familienrecht im Sinne von Beide betreuen – beide bezahlen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit sowie des Ansatzes von Gleichbehandlung für beide Eltern.

Die Beteiligung der gerichtsnahen Professionen ist zurückzufahren zugunsten von verpflichtender Mediation vor Beginn des Familienverfahrens, wie in anderen westlichen Ländern bewährt.

Auch ist der Wegzug eines Elternteils mit den Kindern nach außerhalb des Schulbezirks mit dem Verlust des Sorgerechts zu sanktionieren, wie in vielen westlichen Ländern üblich.

Vor diesem Hintergrund greift der aktuelle Antrag zu kurz. Die Familiengerichte benötigen andere Werkzeuge, andere Gesetze. Eine Fortbildungspflicht für Richter, Gutachter, Jugendamt und Verfahrensbeistände alleine kann dies nicht leisten.

HIER der Link zur vollständigen Stellungnahme (17 Seiten DIN A 4)

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